Das „Prinzip Fjord“

Ein Pony ist nicht einfach nur ein kleines Pferd! 

Um das zu verstehen habe ich einige Zeit gebraucht. Ich hatte nämlich bis zum Alter von 35 Jahren keinerlei Pony-Erfahrung. Das lag aber nicht etwa daran, dass ich Ponys blöd gefunden hätte; Nein, es gab einfach in meinem Umfeld als Schulpferdereiter keine Ponys. Selbst als 10jährige(r) Reitanfänger(in) lernte man das Reiten auf Großpferden.
Dass ich meine Pony-Erfahrung ausgerechnet mit Fjordpferden machte, war purer Zufall. Nach meinem bestandenen Fahrabzeichen hatte ich 2005 das Glück eine Fahrbeteiligung an einem gut gefahrenen Fjord-Gespann zu finden. Ich ging relativ unvorbelastet an die Rasse Fjordpferd heran. In meiner Umgebung gab es eben keine Fjords, somit aber auch keine, die das klassische Negativimage „klein, fett, stur“ bedienten. Mein Gespann war dann eben klein und gelb und nicht groß und braun. Kein Problem, aber ich sah auch keinen direkten Vorteil darin …
In den folgenden vier Jahren konnten mich die „Gelben“ aber dann völlig von sich überzeugen! Sie vereinen so viele gute Charaktereigenschaften in sich, wie ich sie in der Summe noch bei keiner anderen Rasse erlebt habe. Sie sind vielseitig, leistungsbereit, cool, intelligent, mitdenkend, unerschrocken, nie panisch, interessiert, menschenbezogen, frustrations-tolerant, stets gut gelaunt und haben dabei einen Niedlichkeitsfaktor, an den kein Großpferd herankommt! Ponys sind aber meist klüger als man denkt und das lassen sie einen dann halt auch schon mal spüren. Leider wird ihnen das häufig als Sturheit ausgelegt. „Pony“ kann eben noch lange nicht jeder.
Die nächste Schwierigkeitsstufe nach „Pony“ ist übrigens „Shetty“ und dafür bin auch ich noch nicht qualifiziert. *lach*

Den Ausschlag, dass ich mir selbst einen „Gelben“ zulegen wollte – der dann jedoch eine graue Stute wurde – gaben meine Erfahrungen auf der Fjordwoche 2008 in Grünberg/Hessen. Die Fjordwoche ist eine Veranstaltung von Fjordfreunden für Fjordfreunde. Alle 2 Jahre organisiert die Interessengemeinschaft Fjordpferd (IGF) e.V. auf einer eigens hierfür angemieteten Reitanlage eine Veranstaltungswoche mit Kursen, Lehrgängen, Vorträgen und sonstigen Aktivitäten rund um das Fjordpferd. Das angebotene Spektrum umfasst alle Bereiche ums Pony: Dressur, Springen, Western, Aktion/Präzision, Bodenarbeit, Fahren und Vieles mehr. Den Abschluss bildet dann das Turnierwochenende mit Fjord-Cup. Die zahlreichen Teilnehmer der Fjordwoche reisen dann mit ihren Ponys aus allen Ecken der Republik an um einen schönen (Aktiv-)Urlaub mit Gleichgesinnten zu verleben.


In Grünberg erlebte ich erstmalig das „Prinzip Fjord“. Eine Woche lang in der Gemeinschaft von ca. 120 Fjordpferden mit den dazugehörigen Fjordmenschen. Wer ein Fjordpferd erwirbt weiß, dass er keine Turniererfolge in der Klasse M und S erreichen wird. Auch beim Springen wird man eher nicht über die Klasse A hinauskommen. Dementsprechend ist auch der ehrgeizigste Fjordmensch deutlich entspannter als der durchschnittliche Warmblut-Turnierreiter.
Fjordmenschen sind vielseitig interessiert, hilfsbereit, wissensdurstig, lustig, kommunikativ (man könnte auch sagen redselig) und ergänzen sich daher hervorragend mit ihren Ponys! Alles in Allem bilden die Fjordpferd und -menschen eine Gemeinschaft, in der ich mich ausgesprochen wohlfühle und froh bin, jetzt ein Teil davon zu sein.
Wenn ich sage: „Ich habe ein Pony/Fjord!“, ist das also keineswegs eine Herabwürdigung sondern ein hervorzuhebendes Qualitätsmerkmal!
Die Fjordwoche 2008 ist übrigens nicht nur mir in sooo positiver Erinnerung geblieben (-> Leserbrief aus DAS FJORDPFERD, Ausgabe 3/2008) :-)


Eine Teilnehmerin der Fjordwoche hat ein Video erstellt, dass das „Prinzip Fjord“ hervorragend veranschaulicht. Es umfasst Aufnahmen von der Fjordwoche 2010 und fängt die Stimmung wirklich wunderschön ein. Genau SO ist „Fjord“ !




Weitere Berichte zur Fjordwoche 2010, der Stimmung und den Leistungen findet Ihr übrigens im IGF-Vereinsheft DAS FJORDPFERD, Ausgabe 3/2010